Ragnarok, das „Schicksal der Götter“, ist wohl das bekannteste aller mythologischen Ereignisse in der nordischen Überlieferung, das in alter Dichtung und Prosa beschrieben wird. Erstmals erwähnt im epischen Gedicht Völuspá („Die Weissagung der Seherin“), vermutlich um das Jahr 1000 verfasst, schildert das Gedicht das katastrophale Ereignis, das sowohl die Welt der Menschen als auch die der Götter vernichtet. In diesem Text, der ebenso poetisch wie geheimnisvoll ist, erzählt eine Seherin, die vom höchsten Gott Odin gerufen wird, ihm vom letztendlichen Schicksal der Götter und der Welt, die sie erschaffen haben.

Als die bösen Riesen, die Jötnar, sich ein letztes Mal erheben, um gegen die Götter anzutreten, bringen sie das Feuer aus der Unterwelt mit sich, wo Surtr, der geschwärzte Anführer der Riesen, herrscht. Während sich die Riesen versammeln, wählen einige von ihnen den Weg ins Land der Götter an Bord von Nagelfar, einem finsteren Schiff, gefertigt aus den Nägeln der Gefallenen und gesteuert von Loki, dem Erzfeind der Götter. Andere Riesen ziehen über den Himmel, wo sie die schimmernde Brücke Bivrost – die sagenhafte Nordlicht-Brücke – überqueren…

Laut dem isländischen Dichter Snorri Sturluson ist es in genau diesem Moment, dass Heimdall, der göttliche Wächter, das Horn greift und Alarm schlägt, als er die Riesen die heilige Brücke entweihen sieht. Doch nichts, was der Mächtige unternimmt, kann das Schicksal der Götter abwenden. Das Feuer der Riesen ergreift die Nordlicht-Brücke und färbt den Himmel in bedrohliches Scharlachrot. Bivrost stürzt in sich zusammen, und die Kontrahenten treffen auf dem mythischen Feld von Vigrid aufeinander, wo sie in der größten Schlacht von allen fallen werden. Während Heimdall und Loki einander töten und die Welt in Flammen aufgeht, überleben ein paar Götter und Menschen Ragnarok, um den ewigen Kreislauf des Lebens in einem neuen, friedlichen goldenen Zeitalter fortzuführen.

Quellen:

(1) Larrington, Carolyne. (1996). The Poetic Edda. Oxford: Oxford World’s Classics.

(2) Snorri Sturluson. (1987). Edda (Anthony Faulkes Trans.). London: J.M. Dent.